Erfolgserlebnisse – d.h. bejaht zu werden – geben unmittelbar Lust, und darum sind sie so begehrt. Diese Art Lust (Glück) quasi als Ziel zu verfolgen, hat allerdings ihre problematische Seite – weil Zustimmung erfahren, an sich noch nicht irgendeinen Inhalt bedeutet, sondern bloss auf Interessenabwägungen der Zustimmenden beruhen kann. Im Extremfall steht man eines Tages ohne unterstützende Meinungen und ohne Inhalt da. Was sogar Jesus passiert ist – aus seinen letzten Worten zu schliessen.
Kategorie: Glück
Der Zusammenhang von Glück und Gemeinschaft
Ein weiterer Gesichtspunkt ist, dass der Mensch nicht als Einzelwesen, sondern als Gemeinschaftswesen lebt. Wenn meine Vorstellungen vom Glück solche sind, die das Glück der andern beeinträchtigen, dann ist das nicht ideal für das Zusammenleben. Problematisch ist es auch, wenn meine Vorstellungen vom Glück zu Zerstörung und Gleichschaltung führen.
Ideal ist, wenn die Menschen solche Vorstellungen vom Glück haben, die zu einer Mehrung des Lebens und der Vielfalt führen.
Wenn die Lebensweise einer Gesellschaft darin besteht, das Lebendige durch Totes zu ersetzen, dann ist der Mensch mit der Natur nicht auf eine lebensfähige Art verbunden – und sein Glück besteht nicht in der Übereinstimmung mit der Natur und den andern Menschen.
Was den Genuss – das heisst, die Übereinstimmung mit der Natur und dem eigenen Geist – verkleinert:
– Verdrängung, Illusion, Lügen, selektive Wahrnehmung
– Pflanzen, Tiere, Dinge und Menschen unter einem Gesichtspunkt betrachten, in dem ich über ihnen stehe, d.h. Ideen, durch die ich mich selber mehr bejahe als sie
– mich selber belügen, um vor mir selber besser dazustehen, andere belügen, um vor diesen besser dazustehen
– auf das Fühlen von Neid mit Herabsetzung des andern reagieren, bzw. das, worauf ich neidisch bin, für wertlos erklären, ignorieren, zerstören, oder verbieten.
– meine Aufmerksamkeit gefangen nehmen lassen durch kurzfristige Reize, die inhaltslos sind (vorzüglich durch eine Maschine).
– mir Illusionen machen, zum Beispiel die, die Wirklichkeit, in der ich lebe, sei nur eine vorläufige
– über Produkte oder Ideen nachsinnen, die nur mich selber bejahen, die Natur aber herabwürdigen
– danach streben über andere zu bestimmen mit dem Ziel, dadurch zu Ehre und Reichtum zu kommen
– nach Erfolg streben, durch den ich nur mich selber bejahe, aber die Gemeinschaft und die Natur schädige
– die Ruhe fliehen und in der Rastlosigkeit leben
– durch Produkte leben, die die Rastlosigkeit vergrössern
Anmerkung:
Sich selber bejahen ist sicher eine gesunde Einstellung, nur sollte die eigene Bejahung nicht die Verneinung des andern bedeuten.
Sich selber nicht weniger bejahen, als den andern, würde ich sogar zu den Tugenden rechnen.
Wie kann ich meinen Genuss vergrössern?
Mit Genuss meine ich die Übereinstimmung mit der Natur, und dem eigenen Geist.
– die Ruhe pflegen, mich der Ruhe aussetzen, denn sie ist an sich Spiritualität, d.h., sie lädt dazu ein, mich selbst und die Welt unter ausgeweiteten Gesichtspunkten wahrzunehmen, auch deshalb, weil in der Ruhe etwas auf mich wirkt, und nicht, wie in der Bewegung (Aktivität), vorwiegend ich auf das andere wirke.
– Essen, Trinken, Kleidung, Wohnen, nach Möglichkeit auch die Arbeit, in einen tieferen Zusammenhang einbetten: alles wird schal und abgedroschen, wenn es bloss unter dem Gesichtspunkt von Unterhaltung, Macht, oder Begehrt werden existiert. Das Zusammenhangslose, Oberflächliche, Beliebige hat weder langwährende Freude in sich, noch Stil, noch Geist oder Religion.
– wenn ich danach strebe, möglichst wenig zu haben, aber von guter Qualität, kann ich damit das Streben nach Sinnlichkeit, Genuss und Ruhe unterstützen
– das Funktionelle mit dem Schönen verbinden, und nicht im einen Teil des Lebens (räumlich und zeitlich) der reinen Funktionalität und Rationalität frönen, unter Ausschluss des Schönen, des Gemütes und des Genusses und im anderen Teil des Lebens das dann nachholen wollen. Das Leben nicht auseinander fallen lassen in eine Zeit der reinen Funktionalität, und in eine Zeit, die dem Schönen und Angenehmen gewidmet ist
– von dem lernen, der eine andere Meinung hat
Das Streben nach Befriedigung kann kurzfristig oder langfristig angelegt sein
Der Mensch neigt dazu, den kurzfristigen Vorteil (Lust) über den langfristigen Nachteil zu setzen. Er kann sich zum Beispiel durch übermässiges Essen oder Beanspruchung des Körpers für den Moment eine Befriedigung verschaffen, hat aber eventuell den Nachteil eines langfristig ruinierten Körpers.
Mein Wollen, und Begehren – das, was ich will – kann von oberflächlichen und widersprüchlichen Gelüsten und Ideen geleitet sein. Durch Überlegung kann ich meine Wünsche und Begierden beeinflussen: einem Antrieb einen Gegenantrieb entgegensetzen.
Der Zusammenhang von Glück und Ethik
wird ersichtlich anhand der Frage: woraus kommen meine Freude und mein Glück? Kommen sie aus der Würdigung des Menschen und der Natur, oder aus ihrer Herabwürdigung? Es leuchtet ein, dass das zweite ethisch fatal ist!
Liegt das Glück in der Herabwürdigung, oder in der Würdigung?
Der Herabwürdigende geht nicht von den Zusammenhängen des Seins aus, sondern von einem willkürlichen, absoluten Ich. Herabwürdigung hat nur eine beschränkte Übereinstimmung von Idee und Gegenstand – aber hat das irgendeine Relevanz für das Erreichen eines glücklichen Zustandes? Immerhin liegt das Glück – die Seelenruhe – schliesslich nicht im Wollen, was schon daraus ersehen werden kann, dass dieses auf die Zukunft gerichtet ist – Aufnehmen, Wahrnehmen, Einsehen, auf-sich-wirken-Lassen, aber Gegenwart ist.
Zum „Gläubigen“ müssen wir sagen, dass sein Sinn (seine Religion, sein Gott) selbstverständlich nicht ein Aufnehmen, Wahrnehmen, Einsehen, auf-sich-wirken-Lassen ist – denn sonst würde es sich nicht um glauben handeln! sein Sinn hängt also vollends an der Zukunft, und der damit verbundenen Hoffnung; insofern ist der Gläubige ein Wollender.
Dass Herabwürdigung – im Wert, in der Bedeutung herabsetzen, betrügen, schädigen – nicht eine Sache von Aufnehmen, Einsehen, Empfangen ist, sondern von zielgerichtetem Denken und Handeln, das heisst, einem Wollen, leuchtet ein. In Gegensatz dazu steht ein Ich, das danach strebt, das Sein des andern zu erfassen, um das eigene Sein zu bereichern, und den Genuss des eigenen Lebens zu vergrössern. Insofern ist das, was das eigene Leben bereichert, auch das, was das der andern bereichert.
Was ist Glück?
Glück ist der Zustand, in dem ich nicht wollte, ich selber, oder meine Situation wäre anders.
Anders ausgedrückt: Glück ist der Zustand, in dem in mir Freude und Lust sind, nicht aber unangenehme Gefühle, wie zum Beispiel Minderwertigkeitsgefühle, Sinnlosigkeit, Angst, Schmerz, Langeweile, Neid, Einsamkeit.
Lust bedeutet Zustimmung zu mir selber, eine Einheit mit mir, Unlust und Unbefriedigtheit (Schmerz, Angst, Neid, Gefühle des Minderwerts und der Sinnlosigkeit, Einsamkeit) hingegen ergeben eine Disharmonie mit mir selber.
Wenn ich glücklich bin, möchte ich nicht, es wäre schon später, sondern ich gehe auf im Moment.
Freude und Lust bedeuten eine Vergrösserung des Strebens mit dem ich im Sein zu beharren strebe. Unlust, Unbefriedigtheit, Niedergeschlagenheit hingegen eine Verkleinerung des Strebens mit dem ich im Sein zu beharren strebe.
Warum mich Philosophie interessiert:
– Ich möchte mich nicht in Gedankengängen bewegen – seien es auch die gängigen – die mich geistig einschränken, oder mich um mein Leben betrügen.
– Ich möchte eine durchdachte Weltanschauung haben, die mir den geistigen und sinnlichen Reichtum der Welt, oder meiner Existenz, erschliesst.