
Existieren heisst, bezogen sein auf etwas anderes: Miteinandersein, Ineinandersein, Interagieren! Wie also soll es erstens etwas geben können, das völlig unabhängig von etwas anderem existiert, das heisst, völlig ohne Zusammenhang mit etwas anderem?! und zweitens etwas, das nur aus Wirkung auf das andere besteht, selber aber keinen Einwirkungen unterworfen ist?!
Jene, die an eine rein geistige, wollende, allmächtige Person glauben, sind im Allgemeinen der Meinung, sie sei völlig unabhängig von etwas anderem, insbesondere unabhängig von der Materie. Sie habe zwar durch ihren Willen die Materie hervorgebracht, aber, da ihr Wille frei sei, hätte sie es auch unterlassen können, dann gäbe es keine Materie.
Jedenfalls wird durch die Statuierung einer rein geistigen, wollenden, allmächtigen Person das Sein (Wirklichkeit, Universum, Natur, Kosmos) zu etwas Distanziertem: es ist nicht mehr das Unendliche, nicht mehr das Göttliche. Eine Voraussetzung des Seins, der Wirklichkeit, zu statuieren, macht sie zu etwas Endlichem, Vorläufigem, Begrenztem.
Von der rein geistigen, wollenden, allmächtigen Person wird gesagt, sie sei das Voraussetzungslose: sie sei von allem die Voraussetzung, genauer: ihr rein geistiger, freie Wille sei die Voraussetzung von allem, insbesondere der Materie. Der Wille aber bestehe unabhängig vom Gewollten: Als Macht, die entweder in Anwendung gebracht werde, oder nicht, und deren Anwendung vom freien Willen abhänge.
Immerhin muss bemerkt werden, dass Wille (Wollen) nicht Sein ist, oder wenigstens in einem gewissen Gegensatz zu ihm steht: das Streben nach einem Realisierungsakt ist nicht die Realisierung, oder das Realisierte selber. Wollen (Wille) heisst, auf etwas gerichtet sein, einen Ausschnitt – sonst würde es einen unzufriedenen, unausgefüllten Zustand bedeuten. Es ist auf die Zukunft gerichtet, und steht im Gegensatz zu Aufnehmen, Empfangen, Einsehen, auf-sich-wirken-Lassen.
Der Lebensinhalt der rein geistigen, wollenden, allmächtigen Person – wenn man von ihr sagen kann, sie habe einen Lebensinhalt – scheint der Wille (das Wollen), oder die Macht, zu sein, was merkwürdig anmutet, da sie die einzige Voraussetzung ihres Seins ist.
Wollen ist eine Empfindung, ein Gefühl, das aber nicht Übereinstimmung mit sich selber bedeutet,
ausser es handle sich um Unternehmungslust, Appetit, oder Lust auf etwas. Diese würden allerdings eine gewisse Bedingtheit bedeuten, wären mit Körperlichkeit verbunden, und nicht einem absolut freien Willen (sofern man sich darunter etwas vorstellen kann).
Kann es sich beim Wollen der rein geistigen, allmächtigen Person um zielgerichtetes Denken handeln? Die Voraussetzung von zielgerichtetem Denken wäre entweder, dass etwas anders sein solle als es ist, oder dass zu dem, was im Moment ist, noch etwas hinzukommen solle. Hier würden wir auf das Problem stossen, dass es widersprüchlich wäre, anzunehmen, dass das Denken (der unendliche Verstand) der allmächtigen Person etwas enthalten könnte, das anders sein sollte, oder noch hinzukommen könnte. Ihr Wollen aber kann zur Grundlage nur das Denken (den Verstand) haben, da bei der rein geistigen Person ein Körper nicht vorhanden ist.
Die politische Seite der semitischen dualistischen Ideologie
Das Voraussetzen einer Person, die rein geistig sei, einen Willen habe, und Macht über mich, ist politisch nicht bedeutungslos, denn es gehen von ihr eine Sinngebung aus, Gebote, und Verbote, Drohungen, und Versprechungen. Durch die Vorstellung einer rein geistigen Person kann – wenn sie kollektiv wird – ein Volk geeint werden. Hier muss bemerkt werden, dass das, was Moses, Mohammed, und Jesus von der rein geistigen Person aussagen, zu verschiedenen Gesetzen geführt hat. Das kann so erklärt werden, dass das, wovon sie ausgehen, nicht aus Aufnehmen, Empfangen, Einsehen, auf-sich-wirken-Lassen stammt, sondern aus ihrem Willen.
Das Kollektiv der jüdischen Schriftgelehrten, hat mit ihrer Figur Moses die rein geistige, wollende, allmächtige Person geschaffen. Und durch sie die Einheit des jüdischen Volkes erreicht. Aber gäbe es das jüdische Volk jetzt noch, wenn es seinen Gott – der rein geistig, wollend, und allmächtig ist – allen Menschen zugänglich gemacht hätte?! Die Frage mutet direkt blöd an!! Wesentliche Eigenschaft des Gottes von Moses – der rein geistigen, wollenden, allmächtigen Person – ist es, dass er eine besondere Beziehung zum jüdischen Volk hat, will sagen: nur wer jüdischer Abstammung ist, hat Zugang zu diesem Gott. Auf diese Weise wird dieses Volk durch seine Religion zu anderen Völkern abgegrenzt und über sie gestellt. Es handelt sich also um einen Gott, der ein Volk substantiell von den andern Völkern trennt! der Laie natürlich hätte gedacht, dass Gott – wenigstens wenn es sich nicht um einen regionalen Stammesgott handelt, sondern um eine allmächtige Person – gerade das sei, was alle Völker verbinde als auch die Natur und den Menschen.