Ist Israel & USA mit den anderen Menschen durch den Willen zur Wahrheit verbunden?

Lebensinhalt, Lebenssinn und Selbstverständnis können auf einem Macht- oder einem Unterwerfungsverhältnis beruhen oder einer Kombination von beidem. Der «Vorteil» oder das Problem bei dieser Art Lebensinhalt besteht darin, dass er nicht an Wahrheit gebunden ist, das Sein aufspaltet und im Namen einer Ideologie oder Religion oder unter dem Namen Geist die Herabwürdigung des Seins ermöglicht, das heisst, anderer Menschen, Staaten und Völker. Bei einem Macht- oder Unterwerfungsverhältnis handelt es sich um Willensakte oder willentliche Festlegungen und nicht um Akte des Einsehens.

Wenn der Lebensinhalt oder das Selbstverständnis von Israel oder den USA die Überlegenheit über andere Völker und Staaten ist, womit machen sie dann eine Wesenseinheit oder geistige Übereinstimmung – mit der Menschheit kann es nicht sein.

Überlegenheit als Lebensinhalt und als Selbstverständnis bedeutet, dass die anderen Menschen der Lebensinhalt sind. Man würde annehmen, wenn ein Individuum, Volk oder Gruppe etwas haben, was die anderen nicht haben, sie in geistiger Autarkie und Souveränität mit diesem Inhalt beschäftigt sind. Wenn allerdings die Freude weniger aus diesem Inhalt kommt als daraus, dass die anderen ihn nicht haben, dann handelt es sich um eine Art Schadenfreude, die nichts mit geistiger Autarkie und Souveränität zu tun hat.

Aus diesem Umstand lässt sich der Hass der Juden auf Jesus erklären: Indem er Gott zu etwas erklärte, das für alle Menschen da ist, hat er die Juden um die Freude gebracht, dass nur sie – ihr Stamm – Zugang zum Wertvollsten hätten. Es ist plausibel, Freude, die sich darauf gründet, etwas zu haben, das die anderen nicht haben, mit Kleinkindmentalität in Verbindung zu bringen.

Diejenigen, deren Freude ist, etwas zu haben, das die anderen nicht haben, können es nicht zulassen, dass andere etwas haben, das sie selber nicht haben – es würde eine Verneinung ihres Weltbildes und ihrer Persönlichkeit bedeuten. Das heisst, der nach Überlegenheit oder Macht Strebende ist grundsätzlich neidisch: Diejenigen, die mit dem Lebensinhalt der Überlegenheit bei den anderen Menschen sind, wollen durch ihre Gedanken, Gefühle und Handlungen nicht deren Entfaltung, sondern den Kitzel der Macht über sie spüren. Diese Haltung schliesst den Willen, von anderen geistig zu profitieren grundsätzlich aus: sich einschliessen in die kleine Welt der eigenen Gruppe ist das Höchste, was sie erreichen können – nebst dem Kitzel des Geldes und der Macht im Allgemeinen. Ein Charakter, dessen Befriedigung auf Macht beziehungsweise Unterwerfung beruht, wird notgedrungen zum Feind jedes nennenswerten Geistes oder der Wahrheit.

Was passiert, wenn eine Gruppe, deren Merkmal ideologisch (religiös) begründete Überlegenheitsgefühle gegenüber anderen Menschen sind, unter die reale Macht der anderen Menschen gerät? Sie fühlt sich als Opfer von bösen Menschen: Für die in der Ideologie der Überlegenheit lebende Sekte gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder sie ist Täter oder sie ist Opfer.

Woraus schöpfen die Israeliten und die zugewandten Amerikaner ihre Zufriedenheit, das heisst, ihre Übereinstimmung mit sich selbst? Aus einer Aufspaltung des Seins und entsprechenden Erfolgserlebnissen: Wir gegen sie, wir über ihnen und er über uns. Für sie ist das Höchste und Wertvollste ein aufgespaltenes Sein: Auf der einen Seite die Gruppe, zu der sie gehören und auf der anderen die Objekte ihres Willens; das heisst, für sie bildet das Sein keine Einheit, mit der sie durch Aufnehmen, Empfangen, Einsehen, Wahrnehmen, Auf-sich-wirken-lassen verbunden sind – verbunden sind sie mit einer Gruppe, die der Ansicht ist, sie würde über anderen Bevölkerungen und Staaten stehen. Das Höchste und Wertvollste für diese Gruppe besteht in etwas, das ihnen sagt, sie würde über den anderen Menschen und dem materiellen Kosmos stehen. Auf diese Weise kann unter Geist nicht die Fähigkeit zur Würdigung und zum Genuss der eigenen Existenz bzw. der anderen Menschen und des Kosmos verstanden werden, das heisst, nicht die Fähigkeit, die Fülle und Tiefe des Seins wahrzunehmen oder zu erfassen. Womit wir wieder beim Anfang dieses Textes wären.

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